STERNENPARK NATIONALPARK EIFEL
STERNE OHNE GRENZEN


Bild: Harald Bardenhagen
Den Titel verleiht die Internationale Dark Sky Association (IDA) nur dann, wenn bestimmte nächtliche Licht-Grenzwerte unterschritten werden. Dafür darf diffuses Kunstlicht benachbarter Siedlungen kaum wahrzunehmen sein. Die Sternenparks sind aber nicht nur Inseln für die ungestörte Betrachtung eines natürlich schönen Nachthimmels, sie sollen auch das Bewusstsein für einen angemessenen Umgang mit künstlicher Beleuchtung schärfen.
DUNKELHEIT ERHELLT DEN GEIST


VOM LICHT DER STÄDTE VERSTRAHLT
Die "Beförderung" des Nationalparks ist vorläufig, der Titel gilt zunächst für drei Jahre. In dieser Zeit soll der Träger des Schutzgebiets auf die Verminderung des Streulichts hinwirken. Als erster Schritt wurde beispielsweise in der rund 110 Quadratkilometer großen Kernzone die Außenbeleuchtung der Forsthäuser gedimmt. Weiteres Potenzial besteht beim Gebäudekomplex von Burg Vogelsang und in einigen Dörfern, die, obwohl selbst nicht dem Schutzgebiet zugehörig, wie Halbinseln in die Kernzone ragen. Jetzt sollen sich die Gemeinden in einem mindestens 15 Kilometer breiten Gürtel um den Nationalpark herum daran beteiligen, die nächtlichen "Störfeuer" zu reduzieren.
Wenn das gelingt, winkt sogar die Ernennung zur "International DarkSky Reserve". Dieser Titel wurde in Deutschland erst für zwei Regionen vergeben, das Biosphärenreservat Rhön und den Naturpark Westhavelland. Obwohl das letztere Gebiet nur eine Stunde von Berlin entfernt liegt, hat es einen der dunkelsten Nachthimmel Deutschlands. Die Eifel erreicht diese Werte noch nicht ganz. Ursache sind unter anderem die weit strahlenden Lichtkuppeln von Aachen, Bonn und Köln. Die Großstädte am Rhein liegen in östlicher Richtung – der Spruch "ex oriente lux" gilt eben auch in der Eifelnacht.
STERNE OHNE GRENZEN
Dass auch die Städte am Rhein viel Streulicht vermeiden könnten, weiß der Mann, der die Eifel als "Dark Sky Area" ins Gespräch brachte, nur zu gut: Harald Bardenhagen ist Leiter der Astronomie-Werkstatt "Sterne ohne Grenzen". Wo immer möglich, wirbt er für den zurückhaltenden und bewussten Umgang mit künstlichem Licht in der Nacht: "Wenn wir heute nichts gegen die zunehmende Lichtverschmutzung tun, verlieren wir auch den Eifler Sternenhimmel", sagt der erfahrene Himmelsbeobachter. Nicht zuletzt bedeutet die Überbelichtung unserer Straßen und Städte eine erhebliche Energieverschwendung, und bei der Strom-produktion fallen klimaschädliche Treibhausgase in Menge an. Problematisch sind darüber hinaus die Auswirkungen auf viele Organismen, auch auf uns selbst: Einen gesunden Schlaf haben Menschen nur, wenn sie in absoluter Dunkelheit schlafen und der zirkadiane Rhythmus nicht durch künstliches Licht in der Nacht gestört wird. Kommen die "inneren Uhren" durcheinander, dann drohen ernste gesundheitliche Probleme.
MIT ABBLENDLICHT ZUR MILCHSTRASSE
Dennoch geht es nicht um das Abschalten jeglichen Kunstlichts, sondern vielmehr um das rechte Maß. Eine Anpassung der Beleuchtung muss nämlich nicht zulasten von Komfort oder Sicherheit gehen. Schon die Wahl einer guten Lichtgeometrie sorgt für eine deutliche Reduktion und für mehr Lichtqualität durch geringere Blendung. Voll abgeschirmte Leuchten, die nur nach unten strahlen und mit ihrem Lichtkegel so weit wie möglich unter der Horizontale bleiben, und eine zeitliche Steuerung mit Dimmung oder Abschaltung sind ideal. Häufig kann auf Beleuchtung in der späten Nacht vollständig verzichtet werden. Das betrifft auch die Werbebeleuchtung, die einige Unternehmen auch schon abgeschaltet haben. Schließlich gilt es, Lampen mit einem geeigneten Farbspektrum zu wählen. So ist kalt-weißes Licht mit einem hohen Ultraviolett- und Blauanteil im Außenbereich viel störender für Mensch und Tier als längerwelliges Licht, amber- oder bernsteinfarbenes Licht ohne Blauanteil ist die ideale Lösung.



"LICHT AUS!"
Viele Tiere reagieren empfindlich auf Kunstlicht. Einige Beispiele:
• Zugvögel besitzen einen Lichtkompass, der auf das Licht der Sterne am Nachthimmel geeicht ist. Scheinwerfer, wie sie zur Beleuchtung größerer Gebäude benutzt werden, können dieses Organ erheblich stören. Die Nachtzieher kommen dadurch für längere Zeit von ihrer ursprünglichen Flugrichtung ab.
• Fledermäuse fliegen aus hell beleuchteten Gebäuden, beispielsweise aus Kirchtürmen, deutlich später aus. Damit verpassen sie die Dämmerungsstunden, in denen besonders viele Beuteinsekten unterwegs sind. Manche Fledermausarten haben zwar auch gelernt, dass die Jagd unter Straßenlaternen effektiv ist, da dort mehr Nachtfalter herumschwirren, doch dies birgt auch Gefahren: Langsam fliegende Fledermäuse werden im Scheinwerferlicht selbst zur leichten Beute, zum Beispiel für Eulen.
• Fische reagieren stark auf Licht, zum Beispiel sind viele Jungfische lichtscheu, da sie in der Dunkelheit besser vor Räubern geschützt sind. Auch manche Wanderfische wie der Aal schwimmen nur im Schutz der Dunkelheit flussaufwärts. Helle Lampen an Ufern und auf Brücken veranlassen sie, ihre Wanderung vor solchen "Lichtschranken" zu unterbrechen. Die unfreiwilligen Aufenthalte kosten sie wichtige Energiereserven.
• Etwa 60 Prozent der heimischen Insekten sind nachtaktiv. Nicht nur Nachtschmetterlinge finden aus dem Sog künstlicher Lichtquellen nicht in die Dunkelheit zurück. Fachleute sprechen vom Staubsauger-effekt mit einer Reichweite von bis zu 800 Metern. Eine einzige Straßenlaterne in Bachnähe kann pro Nacht so viele Köcherfliegen anlocken und töten, wie im gleichen Zeitraum auf 200 Meter Uferlänge schlüpfen. Nahrungssuche und Fortpflanzung geraten aus dem Takt, Tausende Tiere sterben an Erschöpfung.


Bild: Bardenhagen/NASA/Google Earth Pro


Bild: Bardenhagen/NASA/Google Earth Pro
Stand der Angaben: Stiftungsmagazin 2014/2
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