HÖHLENLAND SÜDWESTFALEN
IM LAND DER HÖHLENWUNDER


Bild: Werner Stapelfeldt
Sämtliche Himmelsrichtungen in einer einzigen Ortsangabe – die Region Südwestfalen macht es möglich, denn fährt man in ihren Nordosten, so befindet man sich den Regeln der Logik zufolge im nordöstlichen Südwestfalen. Die Kreise Siegen-Wittgenstein, Olpe, Soest sowie der Märkische und der Hochsauerlandkreis haben sich allerdings nicht zur "Region Südwestfalen" zusammengetan, um Himmelsrichtungen durcheinanderzuwürfeln. Vielmehr werden auf ihrem Gebiet Projekte im Rahmen der Regionale 2013 entwickelt, einer vom Land NRW initiierten Strukturfördermaßnahme. Eines der Ziele lautet dabei, das "Höhlenland Südwestfalen" künftig auf neue Weise zu präsentieren.
Schatzkammer der Natur
Zusammen mit dem Bergischen Land ist das südliche Westfalen – wozu insbesondere das Sauerland zählt – eine der höhlenreichsten Gegenden Deutschlands. Mehr als 1.000 von der Natur geschaffene Hohlräume gibt es hier, 17 davon mit Gangsystemen von über einem Kilometer Länge. Ihre Entstehung verdanken sie in erster Linie dem Wasser. Anders als an Felsküsten, die oft durch die mechanischen Kräfte der Brandung ausgehöhlt werden, spielen im Binnenland jedoch die sogenannten Karsthöhlen die Hauptrolle. Verkarstung nennt es der Geologe, wenn Kalkstein durch kohlensäurehaltiges Wasser langsam aufgelöst wird. Lagert sich gelöster Kalk tropfenweise wieder ab, dann wachsen Tropfsteine.


Bild: Olaf Neumann
Hölle, Höhlen, Hehler
Lange Zeit waren Höhlen vor den Menschen allein schon durch ihre furchterregende Lichtlosigkeit weitgehend geschützt. Der ähnliche Klang der Worte Höhle und Hölle ist ja kein Zufall, denn als Bezeichnungen unterirdischer, finsterer Welten sind beide Begriffe miteinander verwandt. Der "Hehler" allerdings, der ebenfalls in diese Wortfamilie gehört, scheute gerade die "unverhohlene" Öffentlichkeit. Kein Wunder also, wenn auch die Höhlen Südwestfalens zuweilen als Schlupfwinkel für Rechtsbrecher dienten. So glaubt man etwa in der Honerthöhle im Hönnetal sowie im Hohlen Stein bei Kallenhardt Spuren von Falschmünzer-Werkstätten aus dem 18. Jahrhundert gefunden zu haben. Wurden die Zeiten sehr unsicher, dann dienten einige Höhlen aber auch als Zufluchtsorte für die ganz normale Bevölkerung. Für die Kluterthöhle in Ennepetal ist das schon Ende des 17. Jahrhunderts belegt, und noch im Zweiten Weltkrieg verwendete man sie als Luftschutzraum.


Bild: Schützenbruderschaft St. Sebastian Balve e. V.
Das Dunkel wird hell
Die Dechenhöhle ist eine jener Schau- und Besucherhöhlen in Südwestfalen, die heute ganz unterschiedlichen Zwecken dienen, weil hier außer Führungen oft Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden. Gleichwohl sollen die – meist von "Speläogruppen", also Höhlenforschervereinen betreuten – Schauhöhlen vor allem ein Licht auf die sonst so dunklen Geheimnisse der Höhlenwelt werfen und sie für die Besucher auf gefahrlose Weise zugänglich machen. Sie tragen so gleichzeitig zur Schonung der vielen anderen Höhlen bei, die dadurch von menschlichen Besuchen weitgehend verschont bleiben können. Wer mehr über all diese Zusammenhänge wissen will, dem sei der Besuch im "Deutschen Höhlenmuseum" empfohlen, das sich in Iserlohn-Letmathe direkt neben der Dechenhöhle befindet.
Museumsleiter Stefan Niggemann war auch Ideengeber für das Projekt "Höhlenland Südwestfalen", bei dem es in erster Linie darum geht, der Isolierung einzelner Höhlen in der öffentlichen Wahrnehmung entgegenzutreten. Stattdessen soll der Raum Südwestfalen als eine von Höhlen in einzigartiger Weise geprägte Region herausgestellt werden. Die Vorbereitung eines gemeinsamen Internetauftritts spielt dafür ebenso eine Rolle wie der Druck von Infobroschüren. Nicht zuletzt aber sind Maßnahmen der Besucherführung und Investitionen etwa in die LED-Lichttechnik notwendig, um die Präsentationen heutigen Ansprüchen anzupassen. Auch künftig sollen sich Menschen schließlich für die unterirdischen Welten begeistern, in denen man den Horizont zwar nicht sehen, aber trotzdem erweitern kann.

Höhlen für Besucher


Bild: Regionale Südwestfalen
So gilt die Balver Höhle als eine der bedeutendsten Kulturhöhlen Europas, einerseits weil darin zahlreiche Spuren vorzeitlicher Menschen gefunden wurden, andererseits weil die Natur hier eine riesige unterirdische Halle geschaffen hat, die schon 1922 erstmals für Theateraufführungen genutzt wurde. Heute bietet sie ein breites Programm zwischen Oper und Hip-Hop. Die benachbarte Reckenhöhle wurde 1888 entdeckt und ist schon seit 1890 als Schauhöhle in Betrieb, also bereits fast so lange wie die Dechenhöhle, an die das vor einigen Jahren neu gestaltete Deutsche Höhlenmuseum angeschlossen ist. Fast zur gleichen Zeit wie die Reckenhöhle wurde auch die Warsteiner Bilsteinhöhle für das Publikum erschlossen, in der noch heute ein fließender Bach das Gestein immer weiter auswäscht. Die Heinrichshöhle in Hemer ist hingegen nicht zuletzt wegen ihres über 2,35 Meter großen Höhlenbärenskeletts ein beliebtes Ausflugsziel.
Stand der Angaben: Stifungsmagazin 1/2014
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