SAUERTAL IM KREIS PADERBORN
WO DIE PADER NOCH SAUER HEISST


Folgt man den Bächen des Egge-Westhanges mit dem Finger auf der Landkarte, stellt man fest, dass die blauen Adern plötzlich abreißen. Selbst die Sauer, die ein tiefes Kerbtal in die Hochfläche gesägt hat, wird hier zur unterbrochenen Strichelspur. Was man für einen Fehldruck halten könnte, ist die korrekte kartografische Darstellung eines sogenannten "Karst-Trockentals". In Regenzeiten oder während der Schneeschmelze plätschert hier ein Bach. Dann wieder macht er sich dünne oder verschwindet gurgelnd wie durch den Abfluss einer Badewanne im Untergrund. "Schwalglöcher" heißen diese Naturgullys. Wo das Wasser hinfließt, ist erst seit gut 100 Jahren bekannt: Färbeversuche zeigten, dass die Sauer zehn Kilometer entfernt wieder ans Tageslicht kommt – in Gestalt der Paderquellen mitten in Paderborn!
DER NEUNTÖTER IST QUALITÄTSBEWUSST


Die Neuntöter in den Tälern der Paderborner Hochfläche haben eine gute Wahl getroffen. Ihr Lebensraum ist erstaunlich vielfältig: Halbtrockenrasen mit vielen Einzelgebüschen, magere Weiden und Wiesen, hier und dort unterbrochen von wärmeliebenden Laubwäldern und Felsen. Am Oberlauf der Sauer, wo basenarme Gesteine den Untergrund bilden, gibt es auch Borstgrasrasen und kleine Moore. Der Flussname Sauer soll dennoch nichts mit Säure zu tun haben. Vielmehr leitet er sich von "sor" ab, was so viel wie "trocken" bedeutet. Das "Soratfeld", wie dieser Teil der Hochfläche genannt wird, hat den gleichen Namensursprung.
NATURSCHONENDE BEWIRTSCHAFTUNG MACHT SICH BEZAHLT



Mangelnde Reiselust kann man ihm nicht nachsagen: Sieben von zwölf Monaten des Jahres ist der Neuntöter oder Rotrückenwürger zum, im oder vom afrikanischen Winterquartier unterwegs. Nur fünf Monate, von Mai bis September, dauert sein jährliches Gastspiel bei uns. Dabei gehört er auch noch zu denjenigen Zugvögeln, die für Ab- und Anreise unterschiedliche Flugrouten wählen.
Früher nannte man den Neuntöter auch Dorndreher, denn der 17 Zentimeter große Vogel betreibt am Brutplatz eine für seine Gattung typische Vorratshaltung: "Er steckt grosse Fliegen und andere Ungezieffer, so dann von ihm gefangen worden, an die Dörn und läst sie also hangen." In diesem Punkt hatte der Naturforscher Conrad Gesner 1598 in seinem Vogelbuch Recht. Weniger korrekt beschrieb er den Beuteerwerb des "Thorndräers": "Die Vögel greifft er nicht tapffer mit den Klauen an, ... sondern listiglich fährt er ihnen an den Halß, und druckt ihnen mit dem Schnabel die Hirnschalen ein." In Wirklichkeit fängt der Neuntöter hauptsächlich Käfer und Heuschrecken von Zentimetergröße. Kleine Wirbeltiere erwischt er selten. Wer aber im Sauertal einen Käfer, eine Eidechse oder eine Maus findet, die wie an einem Fleischerhaken im Gebüsch hängt, kann sicher sein, dass der Würger nicht weit ist.
Stand der Angaben: Magazin der NRW-Stiftung 1/2008
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