

Die wild wachsenden Gelben Narzissen zeigen sich im April in ihrer ganzen Pracht.
Perlenbach- und Fuhrtsbachtal gehören – wie einige weitere benachbarte Täler in der Rureifel – zu den besonders wertvollen Naturschutzgebieten in Nordrhein-Westfalen. Schätzungen zufolge wurde auf diesen etwa 280 Hektar großen Wiesen mehr als 600 Jahre lang Heu für das Vieh in der Region gewonnen. Mit einem speziellen Bewässerungssystem – den so genannten Flüxgräben – wurden die Heuwiesen jeweils im Vorfrühling mit schwebstoffreichem Bachwasser gedüngt. So entstanden über die Jahrhunderte hinweg die narzissenreichen Bärwurzwiesen, blumenreiche Feucht- und Sumpfwiesen und arnikareiche Borstgrasrasen.
Die Bewässerung diente außerdem zur Erhöhung der Bodentemperatur, da das Klima in der Region sonst eher kühl und feucht ist. Die Jahresmittel-Temperatur beträgt nur etwa sechs Grad und durchschnittlich fallen 1150 mm Niederschlag.


Jean Pütz begleitet die Narzissentäler als Pate.
In den fünfziger Jahren wurden zahlreiche Talwiesen mit Fichten aufgeforstet, weil die Heunutzung nicht mehr lohnte – die Flüxgräben gerieten darüber in Vergessenheit. Nach und nach ließen die dunklen Fichtenbestände kaum noch Lebensraum für die früher bunte Pracht der Wiesenblumen und die Vielfalt der Schmetterlinge, Käfer und Vögel. Um das Gebiet zu retten, wurde es 1976 unter Naturschutz gestellt. Seitdem hat es naturschutzpolitischen Modellcharakter, da es Bestandteil einer deutsch-belgischen Zusammenarbeit von Behörden, Forstämtern und Naturschutzorganisationen ist. Beispielsweise werden die Wiesenbrachen wieder von Landwirten extensiv genutzt, d.h. nicht gedüngt und regelmäßig einmal spät im Jahr gemäht.


Martina Grote (Geschäftsführerin Förderverein NRW-Stiftung) und Prof. Dr. Wolfgang Schumacher (stellv. Präsident NRW-Stiftung) bei der Übergabe des Patenbriefes an Jean Pütz.
Wichtig war hier besonders die Einsicht, dass eine bloße Unterschutzstellung nicht ausreichen würde. Vielmehr war Eile geboten, den schon seit Jahrzehnten voranschreitenden Bracheprozess in den verbliebenen Gründlandflächen zu beenden. Denn infolge von Verfilzung und Verbuschung drohte die Vielzahl an Arten und Biotoptypen mehr und mehr abzunehmen. Dieser Fortgang konnte aber glücklicherweise unterbunden werden. Als man Ende der achtziger Jahre begann, die Fichten zu entfernen, stellte sich allmählich wieder der Artenreichtum in den Wiesen, Weiden, Sümpfen und Mooren ein.
Eine besondere Attraktion für die vielen Wanderer und Naturfreunde, ist im April die Blüte der wild wachsenden Gelben Narzisse, die bundesweit nur in der Eifel und im Hunsrück vorkommt – und im Perlenbach-Fuhrtsbachtal gleich mit 6 Millionen Exemplaren vertreten ist.


Die wild wachsende Gelbe Narzisse kommt bundesweit nur in der Eifel und im Hunsrück vor.
Grenzübergreifend setzen sich heute viele Partner gemeinsam für die Ziele des Naturschutzes im Perlenbach- und Fuhrtsbachtal ein, damit es für gefährdete Tiere und Pflanzen dauerhaft ein Zuhause bleibt. Über 70 Hektar wurden von der NRW-Stiftung gekauft und renaturiert, so dass heute die landschaftliche Schönheit und Eigenart der Täler noch stärker zur Geltung kommt als in früheren Jahren. Auch beteiligt sich die NRW-Stiftung am Kauf und der Regenerierung von Flächen im oberen Oleftal bei Hellenthal-Hollerath.


In den Wiesen, Weiden, Sümpfen und Mooren hat sich endlich wieder eine große Artenvielfalt eingestellt.
In den Narzissentälern der Rureifel leben heute etwa 350 Arten von Farn- und Blütenpflanzen, mehr als 70 Moosarten, 45 Weichtierarten (Schnecken und Muscheln), 35 Arten von Tagfaltern und mindestens ein Dutzend verschiedene Libellenarten. Des Weiteren sind dort sechs heimische Fisch- und Rundmaularten, neun Amphibien- und Reptilienarten, über 80 Vogel- und mehr als 30 Säugetierarten ansässig. Von ihnen sind 120 landesweit gefährdet, einige sogar vom Aussterben bedroht.
Hierzu gehört auch die Flussperlmuschel. Eingeschwemmte feine Sedimente und Schwebstoffe stören und zerstören ihren Lebensraum. Mit einer Umsiedlung in einen Seitenbach des Perlenbachs soll das Nachwachsen der Jungmuscheln gefördert und dadurch die Art gerettet werden.


Durch die Bewässerung mit schwebstoffreichem Bachwasser entstanden über die Jahrhunderte hinweg die narzissenreichen Bärwurzwiesen.
Der Bekanntheitsgrad des Gebietes hat seit Beginn der Maßnahmen ständig zugenommen. Daran haben auch die Medien ihren Anteil. Insbesondere der bekannte Fernseh-Journalist Jean Pütz wirbt seit 1997 als Pate für die Umsetzung der Naturschutzziele und hat damit zum Erfolg beigetragen. Inzwischen ist das Gebiet im Rahmen der Narzissenblüte im April alljährlich ein beliebtes Ausflugsziel für Tausende von Naturliebhabern, die sich inzwischen – im Unterschied zu früher – bis auf wenige Ausnahmen sich an die Regeln des Naturschutzgebietes, insbesondere das Pflückverbot, halten.
NACHWUCHS BEI DER FLUSSPERLMUSCHEL


Wegen der hellen Lichtreflexe auf der Wasseroberfläche benutzen die Projektmitarbeiter spezielle Sichtgeräte, wenn sie den Bachgrund untersuchen.
In der Eifel waren sie schon fast ausgestorben. Jetzt scheint eine wichtige Etappe auf dem Weg zu ihrer Rettung geschafft: Die ersten Jungmuscheln aus der Nachzucht der Biostation Aachen sind einen Zentimeter groß und damit dem Babyalter entwachsen. Gleich im Dutzend werden sie aus den Kammern einer Lochplatte in größere, mit Feinkies gefüllte Körbe umquartiert und in den Perlenbach zurückgesetzt.


In den mit kantigen Steinen gefüllten Behältern sind Muscheln am ehesten an ihrer Form zu erkennen, und das auch nur, solange sie sich noch nicht eingegraben haben.
Die neuen "Kinderzimmer" bieten alles, was ein Muschelkind braucht: kühles, strömendes und sauerstoffreiches Wasser mit organischen Schwebeteilchen als Nahrung. Kaum umgesetzt beginnen die Muschelknirpse, sich einzubuddeln. "Die Hohlräume zwischen den Steinchen sind in diesem Alter der ideale Lebensraum", erklärt Projektleiterin Heidi Selheim, "aber nur, wenn die Lücken durchspült werden und nicht verschlammen." Um solche Gefahren abwenden zu können, bleiben die Muscheln noch einige Zeit unter Beobachtung. "Ganz auswildern werden wir sie in ein paar Jahren, wenn sie noch größer sind. Bis dahin verhindern die Drahtkörbe, dass unsere Schützlinge vorzeitig weggeschwemmt werden."
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