MAGERWEIDEN BEI BAD BERLEBURG
BLÜTENLESE IM WITTGENSTEINER LAND


Bild: Ursula Siebel


Bild: Frank Grawe
Artenvielfalt durch Verzicht auf Düngung
Damit solche Besonderheiten nicht aus unserer Landschaft verschwinden, vereinbart Ursula Siebel von der Biologischen Station des Kreises Siegen-Wittgenstein mit den örtlichen Landwirten eine späte Mahd oder schonende Beweidung der Flurstücke: "Statt einer ganzen Herde stehen hier höchstens zwei Rinder oder Pferde auf einem Hektar, mehr Tiere würden auf so einem Magerrasen auch gar nicht satt", erläutert sie. Nicht zu düngen bedeutet für die Landwirte zwar einen Verzicht auf Mehrertrag, aber genau diese Diffe-renz bekommen sie aus dem Kulturlandschaftsprogramm des Landes ersetzt. Würden die Flächen überhaupt nicht mehr beweidet, wäre die Folge, dass Arnika und Co. verschwänden, denn bald schon würden sich konkurrenzkräftigere Horstgräser, Stauden und Weidengebüsche ausbreiten. Die Biologin Siebel bringt es auf den Punkt: "Wer den Artenreichtum bewahrt, hat einen Bonus verdient."Ein zweiter Bereich bunter Wiesen und Weiden erstreckt sich, gegliedert von schmalen Ginsterhecken, entlang einer Quellmulde östlich des Ortes. Am Rande der freundlich anmutenden Landschaft hält ein alter verwitterter Gedenkstein die Erinnerung an ein ungesühntes Verbrechen wach. Im März 1678 wurde hier der Fuhrmann Georg Ludwig von einem Räuber erschossen, als er sein prächtiges Pferd nicht freiwillig herausgeben wollte.
Ein reich gedeckter Tisch
Der vielfältge Pflanzenwuchs bedingt eine erstaunlich reiche Insektenfauna. Bei windstillem, sonnigem Wetter geben sich an den Blüten von Hornklee, Sumpf-Kratzdistel und Flockenblumen die unterschiedlichsten Schmetterlinge ein Stelldichein: Hauhechel-Bläuling und Kleiner Feuerfalter, Schornsteinfeger, Schachbrett und Ochsenauge sind nur einige von ihnen. Das reiche Angebot an Kerbtieren wiederum garantiert den Insektenfressern unter den Vögeln einen gedeckten Tisch. Wiesenpieper und Braunkehlchen kennen zudem die Stellen, an denen ihre Nester vor den Hufen der Weidetiere sicher sind – gerne brüten sie gut versteckt unter einem Gräserbult oder am Fuß eines Weidezauns.


Bild: Frank Grawe

Versteckspiel am Mädesüß
Eine ganze Reihe von Tagschmetterlingen besitzt auf der Unterseite ihrer Hinterfügel scharf begrenzte, silbrig-weiße Flecken, sie werden deshalb im Deutschen "Perlmutterfalter" genannt. Nur beim Mädesüß-Perlmutterfalter sind diese Flecken eher violett als silbern. In früheren Zeiten war die Art im Süderbergland eine Rarität, weil Feuchtwiesen und Bachböschungen mit der namengebenden Futterpflanze meist vollständig gemäht wurden. Seitdem Hochstaudenfluren mit Mädesüß entlang von Gräben und Bächen vielerorts zur Entwicklung kommen, ist die Art häufiger geworden, auch in den Feuchtwiesen bei Stünzel.Bei der Wahl seiner Kinderstube ließ sich der Mädesüß-Perlmutterfalter übrigens lange Zeit nicht in die Karten schauen. Selbst geduldige Schmetterlingskundler konnten bis vor 30 Jahren nicht sagen, wo und wie die Weibchen ihre Eier ablegten. Des Rätsels Lösung: Die Falterdamen tasten mit ihrem Körper die Oberseiten von Mädesüßblättern gezielt nach den Fraßlöchern ab, die andere Insekten, zum Beispiel Blattkäfer, dort hinterlassen haben. Durch diese Öffnungen schieben sie anschließend ihre Hinterleibsspitze und heften ihre hell gefärbten Eier einzeln auf den weißlichen Filz der Blattunterseiten. Dort sind sie kaum zu entdecken.
Genauso rätselhaft war bis in die jüngste Zeit, in welchem Entwicklungsstadium das Tier den Winter überdauert. Mittlerweile ist klar, dass es die allerersten Larvenstadien sind. Allerdings verharren sie so lange in ihrer Eihülle, bis im Frühjahr ihre Nahrungspflanzen austreiben. Erst wenn die Vegetationszeit beginnt, sprengen die winzigen Räupchen ihre Eihülle und setzen ihren Entwicklungszyklus fort.
Stand der Angaben: Stifungsmagazin 1/2014
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