HILGERSBERG BEI SÖTENICH
KUHSCHELLE UND TEUFELSKRALLE


rechts der Hubertushof, links der Ortsrand von Sötenich und der Kalksteinbruch;
der Weg dorthin führt über den Römerkanal-Wanderweg
Lage, Klima, Boden
Auf einem etwa 20 km breiten und 60 km langen Streifen von der Mechernicher Trias-Bucht bis zur Trierer Trias-Bucht sind Reste der Sedimente aus organischem Kalk, Korallen und Seelilien des Devonischen Meeres erhalten. Hier hat sich durch die Gebirgsfaltung während des Karbons (variskische Orogenese) eine Reihe von kalkhaltigen Mulden gebildet, von denen die Sötenicher Kalkmulde die nördlichste ist. Der in dieser Kalkmulde gelegene Hilgersberg wird überwiegend im Rahmen des Vertragsnaturschutzes bewirtschaftet und zwar durch Rinderbeweidung. In etwa 1 km Entfernung führt die Landstraße L206 von Zingsheim nach Keldenich vorbei.
Die Vegetation in der näheren Umgebung des Kalkmagerrasens besteht im Süden aus Fichten, vereinzelt auch Kiefern mit Schlehengebüschen in den Randbereichen als Waldmantel. Der nördliche Bereich wird als Weide oder Ackerland genutzt. Am westlichen Rand des Kalkmagerrasens führt der Römerkanal-Wanderweg entlang des Steinbruchs der Firma Lafarge-Zement und von dort weiter durch die Ortschaft Sötenich.
Das Klima ist mäßig kühl und niederschlagsreich mit einem Jahresmittel der Temperatur um 8 °C und einem Jahresmittel der Niederschläge um 750 mm. Der nach Süden exponierte Hang ist gegenüber ebenen Flächen mikroklimatisch begünstigt.
Die ca. 4,5 ha große Fläche liegt auf einer Höhe von 430 bis 470 m. Der um etwa ca. 15 bis 25° geneigte Hang ist terrassiert. Der Boden besteht aus mäßig basenhaltiger, tonig-lehmiger Rendzina und Rendzina-Braunerde mit unterschiedlicher Bodentiefe. Am Unterhang ist der Boden tiefgründiger, ansonsten mittel- bis flachgründig. Im flachgründigen Bereich ist der Boden trocken bis extrem trocken, ansonsten mäßig frisch bis trocken und frisch. Kleinflächig sind auch anstehende Felsen sichtbar.Vor der Nutzung als Weide wurde hier zum Teil Ackerbau betrieben, in früheren Zeiten vermutlich auch Weinbau.
Vegetation und Flora
Der geologische Untergrund des Kalkmagerrasens, die Nährstoffarmut und die Weidenutzung bestimmen das Erscheinungsbild der Fläche. Aufgrund des Carbonatgesteins und durch die Beweidung ist der Kalkmagerrasen als Enzian-Schillergras-Rasen (Gentiano-Koelerietum) ausgebildet.
Die Pflanzengesellschaft ist sehr artenreich. Zu den krautigen Pflanzen gehören Deutscher Enzian (Gentianella germanica) und Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) als Assoziations-Kennarten und weitere Kennarten des Verbandes Mesobromion.
• Stängellose Distel (Cirsium acaule),
• Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea),
• Golddistel (Carlina vulgaris),
• Knolliger Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus),
• Hopfenklee (Medicago lupulina),
• Kriechende Hauhechel (Ononis repens)
• Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia)
Kennarten, die zur Ordnung der Kalktrockenrasen (Brometalia erecti) gehören
• Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria),
• Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)
• Hufeisenklee (Hippocrepis comosa)
• Frühlings-Fingerkraut (Potentilla neumanniana)
Von den Süß- und Sauer-Gräsern sind die Aufrechte Trespe (Bromus erectus), Schafschwingel (Festuca guestfalica), Großes Schillergras (Koeleria pyramidata), Erd-Segge (Carex humilis) und Frühlings-Segge (Carex caryophyllea) zu erwähnen.
Als Trennarten gegenüber den extremen Trockenrasen (Xerobromion) kommen u.a. vor:
• Blaugrüne Segge (Carex flacca)
• Berg-Segge (Carex montana)
• Zittergras (Briza media)
• Acker-Witwenblume (Knautia arvensis)
Am unteren Rand des Kalkmagerrasens, auf tiefgründigeren, etwas frischeren Böden hat sich ein Weißdorn-Schlehengebüsch (Crataego-Prunetum spinosae) gebildet. Es handelt sich um eine Assoziation des Verbandes Carpino-Prunion in der Klasse Rhamno-Prunetea. Zu den Arten dieser Assoziation gehören
• Schlehe (Prunus spinosa)
• Eingriffliger Weißdorn (Crategus monogyna)
• Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
• Roter Hartriegel (Cornus sanguinea)
Typische Pflanzengesellschaft hinsichtlich Boden und Klima
Entlang der Hangterrassen ziehen sich an sehr trockenen Stellen Schlehen-Liguster-Gebüsche (Pruno-Ligustretum) hin. Die namensgebende Kennart des Verbandes Berberidion vulgaris ist der Gemeine Liguster (Ligustrum vulgare). Weitere Kennarten sind die Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster intergerrimus), die Berberitze (Berberis vulgaris) und die Weinrose (Rosa rubiginosa). Zur Ordnung Prunetalia spinosae gehören Schlehe (Prunus spinosa) und die Heckenrose (Rosa canina agg.). Diese Pflanzengesellschaft ist hinsichtlich Boden und Klima typisch für die Kalkmulden im Rheinland und wird hier durch die wärmere Südexposition des Geländes gegenüber anderen Gebüschgesellschaften bevorzugt.
außergewöhnliche Vogel- und Schmetterlingsfauna und seltene Blütenpflanzen
Das durch Kalkmagerrasen und viele Gebüsche reich strukturierte Gebiet mit seinen ehemaligen Ackerterrassen ist nicht nur aus landschaftlicher Sicht besonders reizvoll, sondern auch im Hinblick auf die Vogel- und Schmetterlingsfauna sowie für seltene Blütenpflanzen von Bedeutung. Die Gesamtartenzahl des 4,5 ha großen Gebietes mit rund 120 Arten - darunter eine Reihe seltener und gefährdeter Arten - ist durchaus bemerkenswert. Es dürften mindestens 95 % der dort vorkommenden Arten erfasst sein.
Aus früheren Jahren seien noch zwei wichtige Arten genannt, die in dieser Vegetationsperiode nicht nachgewiesen werden konnten: Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) und Berg-Gamander (Teucrium montanum). Während die Bienen-Ragwurz nach wie vor (zuletzt 2010 nachgewiesen) im Gelände vorkommt, konnte Berg-Gamander trotz sehr intensiver Suche nicht nachgewiesen werden. Ursache könnte die sehr intensive Rinderbeweidung sein. Daher sollte im nächsten Jahr der fragliche Bereich (ca. 200 m², siehe Abbildung 9) erneut untersucht werden.
Bei der Untersuchung stellte sich im Übrigen heraus, dass auch die östlich gelegenen Flächen im Eigentum der Katholischen Kirchengemeinde Sötenich so interessant sind, dass sich ein Erwerb durch die NRW-Stiftung anbietet. Es könnte dadurch ein größeres Gebiet unmittelbar neben dem Naturschutzgebiet Stolzenburg entstehen. Angrenzende Flächen der Gemeinde Kall empfehlen sich ebenso zur weiteren Entwicklung.
Schutzmaßnahmen verringern Artengefährdung
Ein Vergleich der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen für das Jahr 1999 mit der für das Jahr 2010 zeigt, dass eine Reihe von Arten durch Schutzmaßnahmen derzeit geringer oder gar nicht mehr gefährdet ist.


Gebüsche entlang der Hangterrassen (Schlehen-Weißdorn-Gebüsche, Schlehen-Liguster-Gebüsche, Haselnuss)
Bäume und Baumgruppen (Fichte, Kiefer, Stiel-Eiche, Rot-Buche, Esche, Bergahorn, Birke)
T.m. = Fundort (bis 2005) von Teucrium montanum.
Diese Bewertungen gelten nicht für die Gebiete Eifel und Siebengebirge. Dort haben sich die Gefährdungsgrade durchweg reduziert. Die Stängellose Kratzdistel und die Schlüsselblume gelten hier als nicht gefährdet. Für alle anderen oben genannten Arten hat sich dank der vorgenommenen Schutzmaßnahmen der Gefährdungsgrad verringert. Auch für die auf der Fläche gefundenen Begleiter bewirkten die Schutzmaßnahmen eine Verringerung der Gefährdung. Zu diesen gehören Herbstzeitlose, Knöllchen-Steinbrech, Sichel-Luzerne, Gewöhnlicher Wacholder, Gewöhnlicher Wundklee, Gemeines Katzenpfötchen, Knäuel-Glockenblume, Behaarter Ginster, Kugelige Teufelskralle und Echter Gamander.
Text und Fotos: Dipl.-Ing. Jürgen Deckers

Großraum Eifel
Naturraum Nördliche Kalkeifel
Gemeinde Kall
Höhe: 430 bis 470 m
Lage: ca. 1 km östlich von Sötenich bzw. 2,5 km westlich von Keldenich
Geomorphologie: Es handelt sich um ein terrassiertes nach Süden exponiertes Gelände.
Geologie: Die Sötenicher Kalkmulde ist die nördlichste der Eifel- Kalkmulden, die sich in einem 20 km breiten und 60 km langen Streifen von der Mechernicher Trias-Bucht bis zur Trierer Trias-Bucht erstrecken. Es sind Reste der Sedimente aus organischem Kalk, Korallen und Seelilien des Devonischen Meeres.
Böden: Flachgründige Rendzinen und Rendzina-Braunerden auf allen Stufen des Hanges; kleinflächig auch anstehender Felsen
Klima: Mäßig kühles und mäßig niederschlagsreiches Klima mit einem Jahresmittel der Temperatur um 8 °C und einem Jahresmittel der Niederschläge um 750 mm. Der nach Süden exponierte Hang ist gegenüber ebenen Flächen klimatisch begünstigt.
Schutzstatus: Die Fläche wird im Rahmen des Vertragsnaturschutzes (NRW-Kulturlandschafts-Programm) bewirtschaftet.
Fläche: ca. 4,5 ha, davon 1,3 ha im Eigentum der NRW-Stiftung
Entwicklung, Pflege, Nutzung: Die Fläche wird regelmäßig von Rindern beweidet. Aufwuchs von Sträuchern wird beseitigt.
Bedeutung:Von Rindern beweideter südexponierter Kalkmagerrasen mit großflächigen, thermophilen Gebüschen. Vorkommen seltener und gefährdeter Arten wie Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), Kugelige Teufelskralle (Phyteuma orbiculare), Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera), Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera), Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Berg-Gamander (Teucrium montanum), Echte Kugelblume (Globularia punctata), Fransen-Enzian (Gentianella ciliata), Deutscher Enzian (Gentianella germanica), Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus), Erdsegge (Carex humilis).

Schumacher, W. (1977): Flora und Vegetation der Sötenicher Kalkmulden (Eifel) – Decheniana Beiheft 19: 1 – 199 & Fotos
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Hrsg.): Rote Liste und Artenverzeichnis der Farn- und Blütenpflanzen, 4. Fassung, Stand Dezember 2010
Topografisches Informationsmanagement NRW, Bezirksregierung Köln 2011 (www.tim-online.nrw.de)
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