AUSSTELLUNG ZUR NATURSCHUTZGESCHICHTE IN KÖNIGSWINTER
NATURSCHUTZ IM RÜCKSPIEGEL


Der Konflikt zwischen Landschaftsverbrauch und Sehnsucht nach heiler Natur fand gleich vor der Haustür statt: Als vor 170 Jahren der Trachytabbau das gewohnte Bild der sieben Berge zu entstellen drohte, regte sich Widerstand. Um die Drachenfelsruine als Freiheitssymbol und Ikone der Rheinromantik nicht zu gefährden, beschlagnahmte der preußische König die Bergkuppe und ließ die Steinbruchbetreiber entschädigen. Der staatliche Handstreich zum Schutz des Bergpanoramas mündete später in eines der ersten deutschen Naturschutzgebiete. Nicht die Sorge um gefährdete Lebensgemeinschaften, Pflanzen und Tiere war demnach die Initialzündung, sondern die Wertschätzung landschaftlicher Schönheit. Längst bilden beide Aspekte, Ästhetik und wissenschaftliche Expertise, Grundlagen des behördlichen Naturschutzes. Wo unsere Urgroßeltern "nur" von der Erhabenheit der Landschaft schwärmten, wird heute zugleich nach Rote-Liste-Arten gefragt.
Die Ausstellung, die solche Sprünge verdeutlicht, wurde jetzt neu gegliedert und anschaulicher gestaltet: "Nur ein Teil der Besucher kommt gezielt wegen des Naturschutz-Themas, die meisten sind Zufallsgäste, die bei einem Drachenfels-Ausflug zu uns finden", so Dr. Hans-Werner Frohn, Wissenschaftlicher Leiter des Museums, "deshalb wollen wir die Historie so erzählen, als ginge es um Familienmitglieder oder gute Bekannte. Die handelnden Personen müssen greifbar werden, auch wenn der Naturschutz eine gesellschaftliche und politische Bewegung ist."
Die First Lady des Vogelschutzes
Während die Installationen im Parterre den lokalen Bezug herstellen, Zeitströmungen und Reifungsschritte zeigen, nimmt die Ausstellung im Obergeschoss die Geschichte des Vogelschutzes in den Blick. Diese klassische Teildisziplin ist wegen ihrer Popularität besonders gut geeignet, um den Stellenwert des Zeitgeistes, des ehrenamtlichen Engagements und der wissenschaftlichen Forschung zu verdeutlichen, und das am Beispiel ausgewählter Persönlichkeiten.
Wie in einem Fotoalbum oder einem bürgerlichen Wohnzimmer ziehen alte Bilder und Gegenstände den Besucher in den Bann. Da ist der kleine Vogelkorb aus Weidenholz. Seine Besitzerin war Lina Hähnle, die Gründerin des Vogelschutzbundes. Die resolute Fabrikantengattin von der Schwäbischen Alb war mehrere Jahrzehnte lang die First Lady des Naturschutzes. Trugen andere Damen eine Handtasche, so war ihr oft das leichte Vogelbauer ein unverzichtbarer Begleiter. Wenn sie unterwegs einen verletzten Vogel fand oder anvertraut bekam, transportierte sie ihn in jenem Behältnis. Ungeachtet ihrer großbürgerlichen Herkunft waren Frau Hähnle Standesdünkel fremd, gern reiste sie dritter Klasse – nicht aus schwäbischer Sparsamkeit, sondern um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und um neue Mitglieder zu werben. Unter ihrer Regie wuchs der Vorläufer des heutigen Naturschutzbundes (NABU) zu einem Verband mit Zehntausenden von Mitgliedern, und ihre unkonventionelle Öffentlichkeitsarbeit war vor 100 Jahren ohne Beispiel.
Technik-Freaks in Wanderstiefeln
Wer beim klassischen Naturschützer an einen Loden tragenden Fortschrittsfeind denkt, wird in der Ausstellung eines Besseren belehrt, zum Beispiel in Person des Ingenieurs Hermann Hähnle (1879-1965). Der Sohn der Vogelschutzbund-Gründerin ging zwar auf die Pirsch, aber nur mit der Filmkamera. Schon im Jahr 1902 bannte er wild lebende Säugetiere auf Zelluloid, seit 1906 auch Vögel. In einer Zeit, als in den Schaubuden der Jahrmärkte Klamauk über die Leinwände flimmerte und lange bevor das Fernsehen erfunden wurde, zeigte Hähnle seine "Natur-Urkunden" in Schulen, auf Vorträgen und bei Tagungen.
Eher akustisch als optisch verewigte sich der Salvatorianerpater Agnellus Schneider (1913-2007). Der Beiwagen seines schweren Motorrades war stets für ein Tonbandgerät, Marke Phono-Rex 1 sowie für zwei LKW-Autobatterien und Mikrofone reserviert. So ausgerüstet fuhr er ins Grüne und zeichnete Vogelstimmen auf. In hunderten von Radiosendungen und auf unzähligen Vorträgen brachte der charismatische "Vogelpater" ein Stück Natur zu den Menschen gewann dem Vogelschutz viele neue Anhänger.
Als die Hutmode Federn ließ


Und was hat es mit dem goldenen Rehkitz, dem Lieblingsstück von Museumschef Dr. Frohn auf sich? "Das ist der Original-Bambi, den Prof. Grzimek 1993 verliehen bekam für sein Fernseh-Format ‘Ein Platz für Tiere‘. Wegen seiner Medienpräsenz konnte Grzimek seit den 1960er Jahren viel für den Naturschutz bewirken."
Der zentrale Hingucker der Ausstellung ist aber ein alter Wohnwagen, in dem es etwas auf die Ohren gibt. Bei Musik und Fotos zum Thema Autobahn dämmert es einem: Für die komfortable Asphaltpiste, auf der wir am Wochenende in die Natur fahren, wurde ein Teil genau dieser Natur geopfert.

Die 1883 im neogotischen Stil erbaute Vorburg war ursprüglich die repräsentative Zufahrt zum Schloss Drachenburg. Der symmetrische, dreiflügelige Bau war schlichter und niedriger angelegt, sodass die Hauptburg um so imposanter erschien. Hier befanden sich Unterstände für Pferde und Kutschen sowie die Wohnung des Verwalters. Später diente das Gebäude zeitweise als Gärtnerei, Gerätelager oder Stall für eine Reiterstaffel der Polizei. Nach längerem Leerstand sollte es an den "rheinischen Burgenkönig" Herbert Hillebrand veräußert werden, doch das Land NRW machte von seinem Vorverkaufsrecht Gebrauch. 1989 übernahm die NRW-Stiftung die Vorburg und leitete 1998 die Sanierung ein. Anstelle einer Vielzahl kleiner und kleinster Zimmer entstanden zwei Ausstellungsräume und ein Verwaltungstrakt. Der ehemalige Innenhof wurde mit einem Glas-Dach überspannt und dient als Veranstaltungsort für die von der Stiftung Naturschutzgeschichte veranstalteten Foren. Er trennt zugleich die Museumsräume im Norden vom Cafe und Andenkenladen im Südflügel.
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