NATIONALPARK EIFEL - ENGAGEMENT DER NRW-STIFTUNG
WO DER EIFELTIGER JAGT


"Na, kennt Ihr die Blätter?" fragen Hermann-Josef Jöpen und Bernd Wiesen in die Runde und verteilen Herbstlaub an die jungen Exkursionsteilnehmer. Nachdem sie erläutert haben, wie die Streu von Buche und Bergahorn am Boden zu neuer Pflanzennahrung zersetzt wird, zeigen sie noch, woran man die Baumarten auch im Winterzustand erkennen kann. Die beiden Forstangestellten sind zwei von über 15 Rangern, die interessierte Besucher im Nationalpark Eifel zu ausgewählten Zielen führen, ihnen die Naturschönheiten nahe bringen und geduldig Fragen beantworten.
Vereine und private Gruppen buchen solche Veranstaltungen gerne im Voraus, aber regelmäßig werden auch Touren angeboten, bei denen man ohne Anmeldung mit geschulten Ortskennern im Nationalpark wandern kann.
Ein hohes Schutzgut: Der Buchenwald
Die ausgedehnten Wälder sind das Herzstück des Nationalparks. Auf den Schiefer-Verwitterungsböden im Norden des 110 Quadratkilometer großen Schutzgebiets sind es vor allem atlantische Buchenwälder und – an den süd-exponierten Steilhängen – wärmegetönte Traubeneichenwälder. Zusammen bedecken sie nur ein Drittel der Nationalparkfläche. Ein weiteres Drittel wird von ausgedehnten Nadelholzwäldern eingenommen. Experten gehen davon aus, dass sich in den Fichten- und Kiefernwäldern der Nordhälfte des Nationalparks in den kommenden Jahrzehnten Buchen, Eichen und andere Laubbäume durchsetzen werden. Die ausbreitungsfreudigen Douglasien hingegen müssen in den nächsten Jahren vollständig entfernt werden.


Statt Panzern röhren nur noch Hirsche
Daneben gibt es Standorte, die über Jahrhunderte landwirtschaftlich genutzt wurden und auch in Zukunft waldfrei bleiben sollen. Ein Beispiel sind die durch Narzissen- und Bärwurzwiesen bekannten Täler im Süden oder Teile der im Zentrum des Nationalparks gelegenen "Dreiborner Hochfläche". Das ausgedehnte Plateau in der Nachbarschaft des "Geisterdorfes" Wollseifen wird von artenreichen Magerwiesen und -weiden eingenommen und war bis vor einigen Jahren ein Truppenübungsplatz der belgischen Streitkräfte. Geschützdonner und Militärfahrzeuge bestimmten über Jahrzehnte das Geschehen. Doch nicht jeder sonore Ton, der vom Platz herüberschallte, kam aus dem Auspuff eines übenden Panzers. Während der Brunftzeit im Herbst gehörte auch das Röhren von Rothirschen zur typischen Geräuschkulisse bei Dreiborn. Das ist bis heute so. Mit etwas Glück kann man ein Rudel Hirsche auch im Rahmen einer geführten Wanderung beobachten – eine Garantie dafür gibt es freilich nicht.
Seit dem Ende des militärischen Übungsbetriebs und der Eröffnung des Nationalparks ist das Wild scheuer geworden. Die Panzer waren für die Tiere berechenbar, neugierige Naturfreunde sind es offenbar nicht. Vielleicht werden die Hirsche schon bald lernen, dass ihnen von den Besuchern keine Gefahr droht. Im Übrigen sollte man nicht enttäuscht sein, wenn Wildtiere in einem Schutzgebiet die Bereiche bevorzugen, in denen sie ungestört sind. Schließlich ist es die vorrangige Aufgabe von Nationalparks, große Rückzugsräume für Fauna und Flora zu schaffen. Ein intensives Naturerleben ist schließlich auch beim Beobachten von Arten möglich, die keinen der vorderen Ränge in den Roten Listen einnehmen. Wer Geduld und ein Fernglas mitbringt, kann beispielsweise in der kalten Jahreszeit von den Waldwegen aus viele charakteristische Vögel sehen und hören.
Vogelstimmen im Winterwald




Während die bisher genannten Arten den Eifelwald ganzjährig bewohnen, sind Bergfinken nur Wintergäste aus dem hohen Norden. In manchen Jahren, besonders wenn die Rotbuchen überreich Eckern ausgestreut haben, erscheinen sie in großer Zahl. Einen Schwarm der orangebraun, schwarz und weiß gezeichneten Vögel könnte man leicht mit einem Haufen welker Blätter verwechseln, der von einer Windböe hochgepustet wurde, doch die metallischen djüp-djüp-Rufe verraten die Urheber sofort. Wenn sie im Frühjahr wieder in ihre skandinavische Brutheimat abreisen, erfüllt längst der schmetternde Gesang der heimischen Buchfinken den Buchenwald und in der Bachaue des Wüstebachtals öffnen die ersten Narzissen ihre gelben Blütenknospen.

Kaum hatten die 120 Familien des Dorfes Wollseifen die Kriegsschäden an ihren Häusern notdürftig geflickt, bekamen sie im August 1946 von der britischen Militärverwaltung die Anweisung, innerhalb von drei Wochen ihr Dorf zu verlassen. Es war der Einrichtung des Truppenübungsplatzes "Vogelsang" im Wege. Die vertriebenen Bewohner, die bei Verwandten in den Nachbarorten unterkamen, mussten lange nach Kriegsende mit ansehen, wie ihre Häuser von den britischen Soldaten nach und nach dem Erdboden gleichgemacht wurden. Fast zynisch kam es ihnen vor, dass später an der Stelle der alten Fachwerkhöfe neue Gebäude errichtet wurden. Doch diese waren nichts weiter als steinerne Attrappen. Sie dienten den NATO-Soldaten als Kulisse für Häuserkampf-Übungen. Zu den wenigen alten Gebäuden von Wollseifen, die nicht ganz zerstört wurden, gehörte die Kirche St. Rochus. Damit die Ruine nicht weiter verfiel und damit die Besucher bei Gedenkgottesdiensten vor der Witterung geschützt sind, bekam die alte Eifler Dorfkirche ein neues Schieferdach und Fenster. Die NRW-Stiftung gab dafür das Geld.

... dass der Yellowstone-Nationalpark in den USA das erste Schutzgebiet seiner Art war? Er ist fast 9.000 qkm groß. Seit seiner Ausweisung im Jahr 1872 sind weltweit über 3.800 Nationalparks entstanden.
... dass es in Deutschland mittlerweile 14 Nationalparks gibt? Sie sind im Durchschnitt fast 690 qkm groß und repräsentieren die wichtigsten Naturlandschaften wie Wattenmeer, Boddenküste, Wälder in Mittel- und Hochgebirge, Flussauen und Seen.
... dass der älteste deutsche Nationalpark der Nationalpark Bayerischer Wald ist? Er wurde 1970 eröffnet.
... dass der größte deutsche Nationalpark das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer ist? Er erstreckt sich über eine Fläche von 4.415 qkm. Dagegen gehört der Nationalpark Eifel mit 107 qkm eher zu den kleineren "Großschutzgebieten".
... dass mindestens drei Viertel eines Nationalparks sich selbst überlassen bleiben sollen? Spätestens nach einer Übergangsphase von 30 Jahren wird dort jegliche Nutzung eingestellt.
... dass es in Nordrhein-Westfalen nur einen Nationalpark, aber fast 2.900 Naturschutzgebiete gibt? Ihre Durchschnittsgröße beträgt 87 Hektar, also weniger als einen Quadratkilometer. Zusammen bedecken sie aber 7,3 Prozent unseres Bundeslandes.
Stand der Angaben: Magazin der NRW-Stiftung 3/2008
